Erinnerung an den Kalten Krieg: Zur jüngsten Entwicklung in der Ukraine

Dr. Ute Finckh-Krämer, Mitglied der deutschen Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarates, spricht in Straßburg auf der Frühjahrssitzung

Vom 7. bis 11. April findet in Straßburg die Frühjahrssitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) statt. Dr. Ute Finckh-Krämer ist Mitglied der deutschen Delegation der Parlamentarischen Versammlung des Europarates. Am Mittwoch, den 9. April 2014 hat sie das folgende Statement abgegeben:

Dringlichkeitsdebatte: Jüngste Entwicklung in der Ukraine: eine Bedrohung für das Funktionieren der demokratischen Institutionen, Dok. 13482

(Anrede auf Französisch)

Ich möchte an die vielen Demonstranten erinnern, die auf dem Majdan gewaltfrei gegen eine korrupte Regierung protestiert und sie erfolgreich gestürzt haben. Aber haben sie sich wirklich die Regierung gewünscht, die sie jetzt erhalten haben? Eine Regierung, in der einige Minister von einer Partei gestellt werden, die gute Beziehungen zu deutschen Rechtsradikalen unterhält, und in der nur Westen, aber weder der Osten noch der Süden des Landes vertreten sind.

Wenn in einer Auseinandersetzung die eine Seite unrecht hat, heißt das nicht automatisch, dass die andere Seite recht hat. Auch wenn das Referendum auf der Krim und der Anschluss der Krim an Russland völkerrechtswidrig waren - die gewaltfreien Demonstranten auf dem Majdan haben nicht gegen Russland, sondern für Demokratie, soziale Gerechtigkeit und eine unabhängige Justiz gekämpft.

Einige Aussagen, die ich heute gehört habe, erinnern mich an die politischen Auseinandersetzungen vor 35 oder 40 Jahren im Kalten Krieg. Der Kalte Krieg wurde nicht durch Vorwürfe an die jeweils andere Seite sondern durch Verhandlungen und Gespräche beendet. Verhandlungen und Gespräche über Abrüstung, wirtschaftlichen und kulturellen Austausch, über Reiseerleichterungen, die den Menschen auf beiden Seiten des Eisernen Vorhangs zugutekamen. Dadurch entstand in den Ländern des Warschauer Paktes der Raum für friedliche Revolutionen oder demokratische Entwicklungen, die dem Europarat zahlreiche neue Mitglieder brachten.

Der Europarat hat diese Länder, zu denen die Ukraine gehört, auf ihrem Weg zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit begleitet. Ein Land, das von seiner Bevölkerung als demokratisch und rechtsstaatlich angesehen wird, kann kaum von außen destabilisiert werden. Daher ist die entscheidende Aufgabe für den Europarat, die Menschen in der Ukraine auf ihrem Weg zu Demokratie und Rechtsstaatlichkeit weiter zu unterstützen.

Ich möchte als Deutsche den soeben vorgebrachten Vergleich zwischen Putin und Hitler ausdrücklich zurückweisen. Ich sage das auch als jemand, der alt genug ist, um Martin Niemöller, der vorhin zitiert wurde, persönlich gekannt zu haben, und Martin Niemöller war jemand, der aus der Erfahrung des von Hitler angefangenen Krieges heraus zum Pazifisten wurde.

Deswegen möchte ich zum Schluss noch an die 30.000 Demonstranten erinnern, die am 1. März in Moskau für Frieden demonstriert haben. Auch an sie sollten wir denken, wenn wir hier darüber reden, was Russland für ein Land ist.

Danke.

Die Parlamentarische Versammlung hat zur Eingliederung der Krim eine Entschließung verabschiedet, die entsprechende Pressemitteilung und Hintergrundberichte gibt es hier: wcd.coe.int.

Informationen über die Frühjahrssitzung der PACE erhalten Sie unter assembly.coe.int.

Über die Mitglieder der deutschen Delegation können Sie sich auf den Seiten des Deutschen Bundestages informieren.
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