Ringen um den diplomatischen Weg

26.01.2016: In der Wintersitzung der Parlamentarischen Versammlung des Europarates in Straßburg hat sich Dr. Ute Finckh-Krämer zur Entschließung zur Eskalation der Gewalt in der Region Bergkarabach sowie zur Entschließung zur Wasserversorgung der Grenzregion geäußert


SITZUNGSPERIODE 2016

(1. Teil)
BERICHT
03. Sitzung
Dienstag, 26. Januar 2016, 10.00 Uhr

Beitrag von Dr. Ute Finckh-Krämer:

"Wir alle wissen, dass die Verhandlungen der Minsk-Gruppe über den Bergkarabach-Konflikt nur mühsam vorangehen und es eine steigende Zahl von Waffenstillstandsverletzungen gibt. Aber schwierige Verhandlungen werden nicht einfacher, wenn eine so angesehene Organisation wie die Parlamentarische Versammlung des Europarates sich mit einer Entschließung einmischt, die das ignoriert, was in den letzten neun Jahren bei den Verhandlungen erreicht wurde und in ihrem ganzen Duktus den Eindruck erweckt, dass die Versammlung die Schuld an dem Konflikt fast ausschließlich auf einer, der armenischen, Seite sieht. Ich möchte daher an die Madrid-Prinzipien erinnern, die seit 2007 in der Minsk-Gruppe mit Zustimmung Armeniens und Aserbaidschans beschlossen wurden. Sie beinhalten:

  • Die Rückgabe der besetzten Bezirke um Bergkarabach an Aserbaidschan.
  • Das Recht aller Vertriebenen und Flüchtlinge, an ihre früheren Wohnorte zurückzukehren - nicht nur der aserbaidschanischen, sondern auch der armenischen, die in der Entschließung nicht erwähnt werden.
  • Ein Interims-Status für Bergkarabach, der Sicherheitsgarantien bietet und eine eigene Regierung zusichert.
  • Ein Landkorridor, der Armenien und Bergkarabach verbindet.
  • Internationale Sicherheitsgarantien für Bergkarabach, die eine Peacekeeping-Operation umfassen.
  • Den Entscheid über Bergkarabachs zukünftigen Status durch eine rechtlich bindende Willenserklärung der Bevölkerung.

Strittig zwischen den Regierungen von Armenien und Aserbaidschan ist vor allem die Reihenfolge der Umsetzung dieser Prinzipien. Ähnlich wie beim Konflikt um das iranische Nuklearprogramm kann auf diplomatischem Weg eine für beide Seiten akzeptable Reihenfolge gefunden werden. Deutschland kann dieses Jahr nicht nur als Mitglied der Minsk-Gruppe, sondern auch im Rahmen der OSZE-Präsidentschaft dazu beitragen, dass der Stillstand bei den Verhandlungen überwunden wird.

Bei Konflikten um Wasserressourcen in Grenzregionen hat es sich in der Vergangenheit als hilfreich erwiesen, die Betroffenen auf der lokalen Ebene an einen Tisch zu bringen und einen externen Mediator für die Verhandlungsführung zu finden, zu dem beide Seiten Vertrauen haben. Auch für einen solchen Prozess ist eine Stellungnahme von außen, die nur das Verhalten der einen Konfliktpartei kritisiert, hinderlich. Ich bedauere daher, dass die Entschließung zur Wasserversorgung im Grenzgebiet Aserbaidschans schon durch ihren Titel den Eindruck erweckt, dass nur eine Konfliktpartei zu kritisieren ist.

Ich befürworte daher eine Rücküberweisung der Entschließung zur Eskalation der Gewalt in der Region Bergkarabach an den Ausschuss für Politische Angelegenheiten und Demokratie bzw. werde diese Entschließung ablehnen, wenn sie heute abgestimmt wird. Und ich werde auch gegen die Entschließung zur Wasserversorgung der Grenzregion stimmen, wenn sie ihren tendenziösen Titel behält."

Es handelt sich um einen Beitrag im Rahmen der Debatte:

Escalation of violence in Nagorno-Karabakh and the other occupied territories of Azerbaijan.

Auf den Seiten der PACE finden Sie weitere Informationen zur Resolution 13930 und zur Resolution 13931.

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