Meine Eindrücke von der Bundesversammlung

14.02.2017: Die Wahl des zukünftigen Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier am 12. Februar 2017


Bundesversammlung 2017 (Foto: Andreas Amann)

Als ich am 30. Juni 2010 auf Einladung einer befreundeten Abgeordneten zur Wahl von Bundespräsident Wulff im Reichstag war, ahnte ich nicht, dass ich bei der übernächsten Bundespräsidentenwahl als Bundestagsabgeordnete mit abstimmen und als Schriftführerin mit auszählen würde. Die Wahl von Wulff erlebte ich auf der Fraktionsebene, wo Gäste und JournalistInnen die damals nötigen drei Wahlgänge und die Verhandlungen nach dem ersten und zweiten Wahlgang mitverfolgten. Nach dem zweiten Wahlgang fingen wir an zu diskutieren, ob wir es nicht besser könnten als die Delegierten der Bundesversammlung zwei Stockwerke unter uns. Diese Diskussion wurde von Bundestagspräsident Lammert dadurch beendet, dass er das Buffet schon vor Abschluss des dritten Wahlganges freigab.

Die Bundesversammlung am 12. Februar 2017 lief ganz anders ab: Frank-Walter Steinmeier wurde seiner Favoritenrolle gerecht und im ersten Wahlgang mit 931 von 1253 abgegebenen Stimmen gewählt. Trotzdem dauerte es über zwei Stunden, bis das Ergebnis fest stand. Zunächst nutzte Bundestagspräsident Norbert Lammert die Gelegenheit, um in seiner Einführungs- und Begrüßungsrede nicht nur die Rolle des Bundespräsidenten zu würdigen, sondern auch einige grundsätzliche Dinge zu den Grundwerten unseres demokratischen Rechtsstaates zu sagen. Seine Worte richteten sich offensichtlich sowohl an die anwesenden AfD-Delegierten als auch an den neugewählten US-Präsidenten Donald Trump.

Eine Frage der Haltung

Ein Auszug: "Nicht etwa die Werte des Westens stehen in Frage, sie haben nichts von ihrer Gültigkeit verloren, wohl aber unsere Haltung - zu Menschenrechten, Rechtsstaatlichkeit, Gewaltenteilung und den Prinzipien der repräsentativen Demokratie. Wer Abschottung anstelle von Weltoffenheit fordert und sich sprichwörtlich einmauert, wer statt auf Freihandel auf Protektionismus setzt und gegenüber dem Zusammenarbeiten der Staaten Isolationalismus predigt, wer damit zum Programm erklärt: Wir zuerst!, darf sich nicht wundern, wenn es ihm andere gleichtun - mit allen fatalen Nebenwirkungen für die internationalen Beziehungen, die uns aus dem 20. Jahrhundert bekannt sind." Für diejenigen, die die Rede nicht live gehört haben, lohnt es sich, sie nachträglich anzuschauen oder nachzulesen.

Eine Stunde zählen

Der namentliche Aufruf der 1260 Delegierten zur Stimmabgabe und der Wahlvorgang (mit Stimmkarte und Stimmzettel, um sicherzustellen, dass jede(r) genau einen Stimmzettel ausfüllte und in die Urne warf) dauerten eine gute Stunde, und danach musste ausgezählt werden. Ich war als Schriftführerin an der Auszählung beteiligt. Eine Gruppe zählte die Stimmkarten, um die Zahl der abgegebenen Stimmen festzustellen, die andere die Stimmzettel. Sicherheitshalber wurde jeweils doppelt gezählt. Dadurch stimmten die Zahl der abgegebenen Stimmkarten und die der eingeworfenen Stimmzettel auf Anhieb überein - hurrah!

Als wir fertig ausgezählt hatten, wurden alle Mitglieder der Bundesversammlung wieder in den Plenarsaal gerufen, das Ergebnis verkündet, Frank-Walter Steinmeier gefragt, ob er die Wahl annimmt und ihm dann das Wort gegeben für eine kurze Rede. Und dann gab es einen Empfang für die Mitglieder der Bundesversammlung und die eingeladenen Gäste im Paul-Löbe-Haus. Die Amtszeit von Bundespräsident Gauck dauert übrigens noch bis zum 18. März. Bis dahin ist Frank-Walter Steinmeier noch zukünftiger und nicht amtierender Bundespräsident. Und Mitglied des Bundestages.

Zum Nachlesen:

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